Freitag, August 15, 2025
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Mafia: The Old Country im Test – Ein Don ohne Plan (und ohne Feinschliff)

Ich hab’s nicht nur „mal gezockt“, ich hab alle Mafia-Teile durchgespielt. Von den Anfängen bis zu jeder Nebenmission, jeder Zwischensequenz, jedem lila Hemd. Und ja: Mafia II ist für mich immer noch das Maß der Dinge – Atmosphäre, Tempo, Musik, Figuren… das Ding war einfach ein Volltreffer. Mafia III dagegen hat viele Fans (mich eingeschlossen) eher vor den Kopf gestoßen: gute Idee, aber zu viel Leerlauf, zu viel Copy-Paste. Mit Mafia: The Old Country wollte ich deshalb wieder hoffen. Zurück zu den Wurzeln, zurück zum großen, filmreifen Gangsterdrama. Bekommen habe ich… ein gutes Buch im zerfledderten Einband.


Story & Setting: Starkes Herz, wackelige Hülle

Fangen wir mit dem Guten an: Die Story ist wirklich stark. „The Old Country“ erzählt ein erwachsenes Gangsterdrama mit glaubwürdigen Figuren, klaren Motiven und ein paar richtig guten Twists. Dialoge knallen, die Dynamik innerhalb der Familie stimmt, Loyalität und Verrat sind nicht nur Buzzwords, sondern werden in mehreren Missionen sauber ausgespielt. Genau hier schimmert das alte Mafia-Feeling durch: die Gespräche nach einem missglückten Coup, die stummen Blicke am Esstisch, das langsame Ziehen der Schlinge.

Die Story-Zwischensequenzen, von denen es mindestens so viele gibt wie das Gameplay selbst, sind sorgfältig inszeniert, mit vielen schönen Einstellungen , Nahaufnahmen von Gesichtern und den ausgedrückten Emotionen, verspielten Farbpaletten und einem effektiven Einsatz von Licht und Dunkelheit, was besonders auf einem OLED-Display beeindruckend ist.

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Die Inszenierung trägt viel davon. Kamerafahrten, die richtige Menge „Italo-Flair“ und ein Gefühl für Tempo machen die Zwischensequenzen zum Highlight. Wenn „The Old Country“ erzählt, hört man zu. Punkt.

Aber: Du musst dich bis dahin durchbeißen. Und zwar öfter als dir lieb ist.


Technik: Kopfsteinpflaster statt Asphalt

„Technisch fehlerhaft“ klingt diplomatisch. In der Praxis ist es der größte Spaßkiller. Was mir (auf PS5) begegnet ist:

  • Instabile Framerate & Tearing in Schießereien und bei Regen/Nacht – genau dann, wenn’s dramatisch werden soll.
  • Pop-ins und spät ladende Texturen, die ganze Straßenzüge plötzlich „ins Bild ploppen“ lassen.
  • Animationsaussetzer: Figuren teleportieren ein paar Zentimeter, Mundbewegungen hängen hinterher, Jacketts clippen durch Körper.
  • Audio-Bugs: Schüsse sind plötzlich extrem leise, Dialogzeilen verschluckt das Spiel gelegentlich komplett.
  • Skript-Hänger in Missionen: Trigger lösen nicht aus, Gegner bleiben passiv, Checkpoints laden in „Softlocks“ (Mission neu starten hilft, nervt aber).
  • UI-Macken: Wegpunkte springen, Minimap friert ein, Inventar markiert neue Items nicht als „gesehen“.

Das alles ist nicht „ein bisschen Jank“. Das ist die Sorte Unsauberkeit, die aus einem guten Moment einen „ach komm…“-Moment macht. Und wenn du mehrfach eine Story-Mission neu starten musst, verliert selbst die beste Szene ihren Punch.


Gameplay: Drei Ideen, ein Topf – eine seltsame Minestrone

Ich würde das Gameplay als „komisch inkonsistent“ beschreiben. Einzelne Bausteine sind okay, zusammen klemmt’s:

Schießen & Deckung

  • Das Deckungssystem reagiert träge. Du dockst an, willst rüberrutschen – der Charakter bleibt hängen oder klebt, als wäre die Kiste mit Sekundenkleber bestrichen.
  • Das Gunplay ist schwammig. Trefferfeedback fehlt oft, die Zielhilfe fühlt sich mal zu stark, mal zu schwach an.
  • Gegner-KI schwankt zwischen Adlerauge und Goldfisch: Entweder sie sehen dich durch halbe Mauern – oder sie vergessen dich, wenn du einmal um die Ecke gehst.

Stealth & Nahkampf

  • Schleichen ist oberflächlich drin, aber nicht durchdacht. Sichtkegel? Geräusche? Manchmal egal. Manchmal insta-Alarm.
  • Melee wirkt hölzern. Drei Schläge, eine Ausweich-Animation, Repeat. Kein Timing-Game, keine Tiefe.

Missiondesign & Progression

  • Es gibt ein paar starke, filmartige Missionen (Infiltration, Attentat, Flucht bei Nacht – top!).
  • Dazwischen aber zu viele Copy-Paste-Aufgaben: Lager räumen, drei Schalter umlegen, Gegnerwellen abarbeiten.
  • Freischaltungen (Waffen/Outfits/Upgrades) sind drangeflanscht. Nichts davon verändert das Spielgefühl wirklich, es ist mehr kosmetischer Fortschritt als spielmechanischer.

Fahren & Welt

  • Fahrphysik ist okayer Mittelwert. Nicht so schwer und liebevoll wie in Mafia II, aber auch nicht Arcade-Quatsch.
  • Die Welt fühlt sich „halb-offen“ an: genug Straßen für Verfolgungsjagden, aber wenig organische Gründe, sie zu erkunden. Sammelzeug ohne Mehrwert, Nebenjobs ohne Seele.

Präsentation: Ohr gut, Auge so lala

  • Musik & Soundtrack: Richtig gut. Die Mischung aus Old-School-Swing, düsteren Streichern und ein paar folkloristischen Einwürfen passt wie die Faust aufs Auge.
  • Synchro: Die Sprecher:innen liefern ab; gerade die Hauptrollen tragen die Szenen.
  • Grafik: Lichtstimmung okay, Materialien und Gesichter schwanken stark. In manchen Cutscenes super, im Gameplay wirken Texturen flach, Kleidung knittert unnatürlich.
  • Kameratechnik: In Zwischensequenzen stark, im Gameplay manchmal zu nah dran; Übersicht leidet in engen Räumen.

DualSense, 3D-Audio & Ladezeiten (PS5)

  • DualSense: Adaptive Trigger geben den Waffen etwas Charakter, haptisches Feedback ist vorhanden, aber dezent. Das hätte mehr Wumms vertragen dürfen.
  • 3D-Audio: Hilft bei Positionsbestimmung; gut, aber durch die Audio-Bugs nicht immer verlässlich.
  • Ladezeiten: Kurz bis okay – nervig wird’s nur, weil du wegen Bugs öfter neustarten musst.

Qualität der Umsetzung: Unfertiger Eindruck

Das Spiel wirkt, als hätte es niemand richtig „aufgeräumt“:

  • Menüs, die sich wie Prototyp anfühlen.
  • Systeme, die nicht sauber miteinander sprechen.
  • Patches wären dringend nötig – aktuell wirkt es nicht fertig.

Marketing: „Gibt’s das eigentlich?“ – Ja, aber…

Wenn du dich gefragt hast, wieso du so wenig von „The Old Country“ gesehen hast: Du bist nicht allein. Das Marketing ist gefühlt im Halbschlaf. Wenige Trailer, wenig klare Botschaft, kaum Community-Arbeit. Außenwirkung: „Das Spiel wird nicht gepflegt.“ Und leider passt dieser Eindruck zum Zustand des Produkts.

Vergleich innerhalb der Reihe

  • Mafia II bleibt die Referenz für Atmosphäre & Tempo – kompakt, zielgerichtet, ikonisch.
  • Mafia III hatte gute Storybeats, ist aber an Wiederholungen und Struktur gescheitert.
  • The Old Country liefert eine starke Story (Stärke ähnlich Mafia III in den besten Momenten), aber fällt technisch und im Moment-zu-Moment-Gameplay ab.

Wenn du das filmische Mafia-Gefühl suchst, wirst du Momente lieben. Wenn du ein rundes Spiel willst, wirst du oft die Stirn runzeln.

Für wen lohnt sich’s?

  • Story-Fans: Ja, mit Geduld. Wer Cutscenes liebt, Charakterdrama sucht und Jank verzeiht, findet hier was.
  • Gameplay-Puristen: Eher nein. Das Gunplay und die KI frustrieren zu oft.
  • Reihen-Veteranen (wie ich): Du wirst die guten Stellen erkennen – und dich ärgern, wie viel Potenzial liegen bleibt.
  • Alle anderen: Wartet auf Patches oder einen Sale.

Pro & Contra (kurz und schmerzhaft)

Pro

  • Starke, erwachsene Story mit guten Figuren
  • Atmosphärische Zwischensequenzen
  • Passender Soundtrack & solide Synchro
  • Einzelne Missionen mit echtem „Mafia-Flair“

Contra

  • Technisch fehlerhaft: Bugs, Hänger, Pop-ins, Audiomacken
  • Komisches Gameplay: schwammiges Gunplay, träge Deckung, launische KI
  • Repetitives Missionsdesign, Nebenaktivitäten ohne Zugkraft
  • Unfertiger Eindruck, fehlende Pflege
  • Schwaches Marketing, geht unter

Fazit: Gute Geschichte im falschen Anzug

Mafia: The Old Country hat mich mehrfach gepackt – und mindestens genauso oft wieder losgelassen. Das Herz aus Story, Inszenierung und ein paar sehr starken Missionen schlägt kräftig. Aber drum herum wackelt alles: Technik, Polishing, System-Reibung. Und wenn dann auch noch das Marketing wegpennt, verschwindet das Spiel zwischen Releases, obwohl es eigentlich gehört werden will.

Empfehlung: Für hartgesottene Mafia-Fans einen Blick wert – idealerweise mit Patch-Hoffnung und zum reduzierten Preis. Für alle anderen: Es gibt rundere Crime-Geschichten da draußen.

Bewertung: 60/100.
Gute Story im falschen Anzug – leider.

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